September 8, 2024

Auch du warst mal ein Kind und auch ich war mal klein
Und auch uns ham sie was erzählt
Und dann macht man das alles und versucht so zu sein
Und dann merkt man das einem was fehlt
Und dann verlernt man, sich richtig zu spüren
Oder man flüchtet sich in Magick oder Male
Und während ihr fleißig herumkrakeelt
Lachen die Götter sich krumm

(…)

Und denkt dran bevor ihr antwortet
Ihr seid auch nur verletzte Kinder
Am Ende gibt’s wieder ganz neue Symptome, und ihr wart die Erfinder
Und dann sagt ihnen wieder, wie es richtig geht
Werd erwachsen und bist du naiv

Predigt Mann sein, lasst sie sich zu Tode arbeiten
Die Götter lachen sich schief

Quelle: Sarah Lesch, “Testament”. Liedtext ist hier leicht abgewandelt

Das oben zitierte Lied hat Orlando (bürgerlicher Name: Roland H. Bellstedt) vor einigen Jahren auf seiner Facebook-Timeline zitiert. Leicht abgewandelt, trifft es das, was bei Magick Male passiert, mit beängstigender Treffsicherheit. Gleich vorweg: Es wird bei Magick Male alles Mögliche gepredigt, mal in Phasen, mal in einzelnen Workshops, mal durcheinander. Wer also sucht, wird mit absoluter Sicherheit auch Aussagen von Orlando und Co. finden, die die Aussagen in diesem Artikel mal bestätigen, und ihnen mal widersprechen.

Aber das nur nebenbei. Denn in diesem Artikel geht eigentlich um etwas anderes. Ich werde verschiedene Fäden (Ereignisse, eigene Erfahrungen etc.) zu einem großen ganzen zusammenweben. Hoffentlich kannst du, lieber Leser, mir folgen.

Faden Nr. 1: “Männlichkeit” schützt vor Mobbing und Verletzungen nicht

In einem Artikel vor einigen Monaten habe ich die Geschichte meines ehemaligen Klassenkameraden Dorian G. aufgeschrieben. Ehemaliger Schulabgänger und inzwischen durchaus mit männlicher Ausstrahlung und einem gewissen Charisma gesegnet, hat er wohl bis heute nicht begriffen, was Sache ist, und was er von den Menschen, zu denen zu gehören versucht (oder auch wirklich gehört), wirklich zu erwarten hat. Kurz gesagt: Er wurde in seinem neuen Job weggemobbt. Und erkennt es wahrscheinlich ganz einfach nicht, weil ja nichts sein kann, was nichts sein darf.

Wahrscheinlich würde er das lautstark verneinen, und seine “Bekannten” auch, sobald er wieder in der Gruppe mit diesem Gesocks ist. Wie ich in dem Artikel beschrieben habe, erkennen das solche Menschen nicht einmal, wenn es ihnen direkt vor der Nase herumspringt und “schau doch mal hin, hier kannst du etwas lernen!” schreit.

Aber in der eigenen Wolke ist das natürlich nicht zu erkennen. “Niemand kann mich niedermachen, wenn ich das nicht zulasse”, ist die Devise. Ähm, ja. Und sonst noch was?

Faden Nr. 2: Die Space Frogs” machen sich über Orlando und Gruppe lustig

Nachdem das Video von MM auf den ersten Blick “weggeklagt” wurde, ist das Video dieser Influencer wieder online. Worum es darin geht? Wie frauenverachtend und allgemein widerlich Orlando und seine Gruppe angeblich sind. Sind sie auch, aber aus anderen Gründen als denen, die im Video angeführt werden. Wen es interessiert: Auf der Blogseite “Presseberichte” ist es verlinkt.

Die Kommentarzeile spricht Bände über die Reaktion der breiten Masse auf die Themen Männlichkeit etc. Ausgerechnet Aufnahmen von Orlando, auf denen er “irgendwie komische” Themen wie Masturbation eigentlich relativ vernünftig und bedacht kommentiert, ausgerechnet Aufnahmen, auf denen er eigentlich eine relativ angenehme und frische Ausstrahlung hat, werden lächerlich gemacht und als angeblicher Beleg für die ach so widerliche und bescheuerte Lehre von Magick Male herangezogen.

So weit, so schlimm. Sehr interessant wird es aber wiederum bei einem zweiten Blick auf den Kommentarbereich, nämlich den, in dem einige Magick Males kommentieren. Einerseits finden sich relativ gut durchdachte, ausführliche und intelligente Statements, und teilweise natürlich mal wieder die typischen Schwachmaten und Schlägertypen mit Realitätsverlust, die den Mainstream im MM Forum und den Telegramgruppen widerspiegeln.

“Ihr habt keine Ahnung, mit wem ihr euch angelegt habt!”

“Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass das für euch kein Nachspiel haben wird? Das wird richtig hässlich für euch…”

“Das ist Rufmord und gibt bald Post vom Anwalt, haha”.

Quelle: Video der Spacefrogs, Kommentarbereich. Die Kommentare sind hier sinngemäß wiedergegeben.

Ja, natürlich. Sonst noch was, Jungs?

Ein MM-Teilnehmer, mit dem ich in Kontakt stehe, hat es mir gegenüber so kommentiert:

Mal abgesehen von der Bewertung meiner Reaktion… Zwei Menschen, eine Schlußfolgerung.

Dass Meinungsfreiheit auf einmal keine Rolle mehr zu spielt, geschenkt. Die Teilnehmer, die hier siegesgewiss herumpoltern, belügen sich selbst. Nein, das hat nichts mit Opferrolle zu tun, sondern schlicht und ergreifend mit Tatsachen. Brüllt soviel herum, wie ihr nur wollt, der Rechtsstaat hat seine Grenzen, und schützt nicht zwingend euch, sondern gerne auch mal die freie Rede solcher Videoblogger.

Einmal ganz davon abgesehen, dass solche “Konsequenzen” in einigen Branchen einfach zum Betriebsrisiko mit dazugehören, sind da enge Grenzen gesetzt. Jedenfalls dann, wenn es darum geht, einen wirklichen Impact zu haben. Und was wollt ihr statt des juristischen Weges schon machen? “Karma is a bitch”, heißt es gerne einmal, und das mag ja alles so sein oder nicht. Ihr könnt ja auch gerne versuchen, mal wieder mit irgendwelchen (Todes-)Gebeten gegen diese Spacken anzugehen. *

Nützen wird es wahrscheinlich nur sehr wenig. Eine unangenehme Erkenntnis, aber ich gehe schwer davon aus.

Faden Nr. 3: Ein Freund von mir hat die “ich bin kein Opfer”-Nummer auch versucht. Mit, ähm, “erstaunlichen” Ergebnissen

Hier muss ich vorab sagen: Besagter “Freund” ist seit vielen Jahren aus meinem Leben verschwunden, vor allem, weil er meinte, den “wilden Mann” und sonstige Bösartigkeiten auf mich ablassen zu müssen. Als “ehemaliges Mobbingopfer” hat er versucht, sich dagegen zu verteidigen, mit, sagen wir einmal, erstaunlich ernüchternden Ergebnissen.

Ich war dabei, wie er an seiner damaligen Schule vorbeigelaufen ist. Und er hat mir erzählt, wie er damals gegen seine Mitschüler angegangen ist: Zuerst hat er natürlich versucht, sich Hilfe von den Lehrern zu holen. Das Ergebnis: Die ganze Klasse hat sich über ihn ausgelassen, unter anderem, dass er “ständig so komische Sachen” erzählt. Wohlgemerkt, vor der wohlmeinenden, weiblichen Lehrkraft.

Dann hat er es auf die direkte Weise versucht: Nämlich, sich die Übeltäter einzeln herauszuziehen und unter Druck zu setzen. “Was soll das, wieso tust du das?!” “Keine Ahnung”, war die Antwort darauf, und für einige Tage bis Wochen war dann tatsächlich Ruhe im Karton.

Bis es dann wieder losging, natürlich. Er hat sich dann mit eigenen, kleinen Racheaktionen Genugtuung verschafft, wie z.B. vor einer Klassenreise einem besonders ekligen Mitschüler den Reisepass insgeheim wegzunehmen. Nun gut, weniger gemobbt wurde er deswegen sehr wahrscheinlich auch nicht, schließlich konnte er nicht sich nicht zu der “Tat” bekennen.

Fazit: So funktioniert es auch nicht wirklich.

Eine Erfahrung, die Teammitglied Alexander Schütze mir gegenüber wohl auch schon einmal machen musste. “Du probierst es einfach immer wieder und wieder”, schrieb er mir einmal per Support E-Mail. Ob das jetzt in diesem Fall berechtigt oder unberechtigt war, weiß ich nicht, es bläst aber ins selbe Horn wie die Story meines ehemaligen Kumpels.

Faden Nr. 4: Es kann immer ins Gegenteil gedreht werden

Nun haben all diese Taktiken noch einen weiteren, entscheidenden Nachteil: Sie können jederzeit ins Gegenteil umgekehrt und wiederum als Waffe gegen dich benutzt werden. Ob es Gerichtsprozesse sind, ob Aussagen oder Zitate, oder gar echte Handlungen: Versuchst du, “nicht mehr in der Opferrolle zu sein”, kann das auch direkt und unmittelbar auf dich zurückfallen. Entweder du trittst damit etwas los, was so leicht nicht mehr zu stoppen ist – siehe die Eskalation des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine – oder es stachelt den Gegner noch mehr an. Oder, der Typ oder die blöde Kuh, die dich überhaupt erst provoziert hat, beginnt auf einmal, das Opfer zu spielen.

Eine kleine Sidebar: Besonders lustig finde ich das dann im Falle einiger Schulattentäter. Ich habe in meiner Schulzeit selbst mehrfach den Kommentar “und, was begehst du ein Attentat” gehört, und eine Lehrerin berichtete uns in der Klasse einmal relativ entsetzt, sie habe in einem TV-Interview einer Mitschülerin von irgend so einem “Amokläufer” gehört, dass diese doch tatsächlich Respekt gezeigt habe. “Aha, er hat das wirklich gemacht. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut”. Joah, toll. Respekt dafür, dass sich der Typ sein Leben zerstört hat, beim Versuch, ernst genommen zu werden. Astreines Ergebnis.

Sehr deutlich kommt das auch im Fall des “Drachenlords” Rainer Winkler zum Vorschein. Wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich eine kurze Google- und YouTube-Suche, wo sich etliche Beispiele dafür zeigen, wie wenig solche Strategien oft funktionieren, und wie sehr sie wieder auf dich zurückfallen können.

Alles zusammengemischt: das Endfazit all dieser, nur scheinbar, voneinander losgelösten Fäden:

Mit “nicht in der Opferrolle sein”, zurückschlagen, oder “lieber Täter als Opfer sein” ** geht es nicht wirklich weiter. Zuerst einmal sind viele Machtgefühle eine ziemlich krasse Illusion, zweitens ist es verdammt schwierig, gegen eine große Maße zu bestehen. Nicht umsonst beschäftigen Politiker in großen Wahlkämpfen ganze Herrschaften an Beratern, die bis zur Krawattenfarbe nichts dem Zufall überlassen, und trotzdem schafft es am Ende meistens nur einer von wenigen, zu gewinnen.

Drittens sind all diese “Anti-Mobbing-Taktiken” häufig nichts als eine – zum Teil auch sehr gefährliche – Illusion, und können auch exakt ins Gegenteil umschlagen. Ganz abgesehen davon, dass sie oft das zugrunde liegende Problem (was auch immer das im Einzelfall auch sein mag, und welche Partei auch immer dieses eigentliche Problem nun primär hat) nicht angehen, was oft auch nur sehr schwierig möglich ist.

Und viertens ist es oft nun wirklich wahlweise idiotisch oder bescheuert, die Schuld beim, ähm, “Opfer” zu suchen. Gerade diejenigen, die in Forum, Telegram und den besagten YouTube-Kommentaren am lautesten brüllen, sind aus meiner Sicht diejenigen, die sich am allermeisten “creepy” oder ohnmächtig / bescheuert verhalten. Also genau diejenigen, die den Ton angeben.

Na Mahlzeit. Viel Spaß im Leben noch, die Herren. An alle anderen, hier das kurze und knackige Fazit. Oliver Pocher und Media Markt brachten es mal am besten auf den Punkt:


Fußnoten:

* Soweit ich mich erinnern kann, waren diese harten “Todesgebete” zumindest bis vor meinem Abgang im letzten Jahr nur für “echte” Spaßten und Verbrecher reserviert, also für Menschen vom Schlag eines George Soros. Ob sich das inzwischen geändert hat, weiß ich leider nicht.

** Wurde in der Vertiefung des “Feel Different”-Programms einmal so angesprochen, Modul “Opferrolle”.

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