„Cancel culture“, dieses Schlagwort zieht sich durch die moderne Welt hindurch wie ein roter Faden. Der Helden von früher sind wir überdrüssig geworden, wie eine moderne Frau, die ihren Ex als „Arschloch“ tituliert.
Für mich sind es alte Kindheitshelden aus Romanen, oder alte Lichtgestalten aus der Coachingszene. Ideale, Glück, die schöne, weite Welt: All das stellt sich früher oder später oft als bloßer Schein heraus.
Angeblich haben die „Linken“ damit angefangen: Ob Sprechverbote für unliebsame Meinungen, das Umschreiben von Kinderbüchern mit angeblich anstößigen Inhalten (Pipi Langstrumpfs Vater ist ein „Negerkönig“), oder Medienhetze für Nena, eine Lichtgestalt deutscher Musikkultur: Absolut niemand schien mehr vor dem „woken“ Mob sicher zu sein. Bloß weg mit euch!
Das musste auch Karl Nagel feststellen. Trotz Charisma und Kultstatus in der Punkszene, wurde er bei einem Auftritt in Jahr 2022 am Ende einfach von der Bühne gezerrt. „Ein trauriger Haufen“ sei es gewesen, vor dem er da sprechen musste, schrieb er mir auf eine kurzen Anfrage per Email zurück. Wer es sich selbst ansehen möchte, hier das ganze als Video:
Bloß weg mit euch
Aber auch die „Rechten“ stehen dem ich in nichts nach. Der letzte Knaller auf meiner Seite kam in Form eines MMlers, der partout nicht hören wollte, dass die MM Community destruktiv ist, und vieles mehr. Hätte mich mal wieder sehr hart getroffen, hätte ich mich nicht von vorne herein abgegrenzt.
So, genug von mir, zurück zu „den Rechten“. Bei Twitter / X ist mir vor einigen Tagen ein Bild von Robin Williams begegnet, der einem Kind bei einem Auftritt zujubelt. Überschrift: „Was will Robin Williams nur von diesem Kind?!“
Es wird nicht besser werden, jedenfalls nicht in nächster Zeit, darin bin ich mir sicher. Nicht viel einfacher wird es dadurch, dass die betroffenen Künstler auch nicht wirklich Lust haben, sich in das Narrativ ihrer Fans hineinziehen zu lassen. Nena beispielsweise spricht in einem Interview davon, dass sie wohl „an ihrer Kommunikation noch arbeiten“ muss, was wohl kaum als klares Bekenntnis zur Anti-Corona /“Querdenker“-Szene zu verstehen ist.
Ein Zeitalter des „die Fresse halten, oder es setzt was“ verschärft sich
Anders als viele meiner Mitmenschen sehe ich den Trend zu mehr „rechtem“ Gedankengut keineswegs als großen Fortschritt an. Es heißt lediglich, dass einige andere, eher marginalisierte Gruppen jetzt langsam Gehör finden, wobei ich nicht weiß, ob das im Guten enden wird.
Das fiese daran: Die entsprechenden Gruppen halten oft an ihrem alten Selbstbild („wir sind die Guten, wir sind die harten Arbeiter“) fest, auch, wenn dieses Selbstbild längst seine Nützlichkeit überschritten hat. Bei den Grünen ist das zu sehen, bei den Magick Malern auch. Wer tatsächlich Sätze wie „bei uns muss sich niemand verstecken“ nach all den Jahren äußert, der hat den Schutz nicht gehört. Oder will ihn vielleicht auch nicht hören.
„Ganz ehrlich: Ich habe Angst vor Frauen“, war laut Orlando Owen einmal ein Satz, der in einer Männergruppe während eines Workshops, den er absolviert hat, für Erleichterung im Raum sorgte. Ich glaube nicht, dass das heutzutage noch so möglich wäre.
Niemand bleibt verschont, und viele sind irgendwie auf demselben Dampfer
Das gilt für mich genauso wie für so viele andere, egal, wie laut da jetzt jemand mal wieder „Projektion“ brüllen mag. Und ich hoffe sehr, dass das alles am Ende für etwas gutes sorgt.
Denn alles, für das ein „Held“ in einem positiven Licht dasteht, kann von anderen gegen ihn verwendet werden, auch von seinen alten Anhängern. Robin Williams, Kevin Spacey und dieser Lindemann von Rammstein sind da keine Ausnahme. Überhaupt erscheint es mir so, als ob „Querdenken“ inzwischen in beiden Lagern, und überhaupt von so ziemlich jedem, nur noch als Störfaktor empfunden wird.
O tempora, o mores!