Hinter der Bezahlschranke der „WELT“ findet sich ein sehr guter Artikel, der viele der Probleme bei Magick Male, inklusive der toxischen Dynamik in den Gruppen, sehr gut widerspiegelt.
Hier einige Ausschnitte:
Laut Einschätzung des Wirtschaftspsychologen Uwe Kanning gab es 2021 etwa 30.000 Coaches in Deutschland. Empfundene Sinnlosigkeit angesichts einer wachsenden Freiheit einerseits und ein auf alle Lebensbereiche übergreifender Selbstoptimierungsdruck andererseits bilden den Nährboden für selbst ernannte Experten. Die Soziologin Eva Illouz hat beschrieben, wie der Mensch sich, seine Emotionen und Beziehungen zunehmend selbst zur Ware macht. Indem wir Personen als austausch- und kaufbar begreifen, werden wir auch im Privaten zu Unternehmern, die sich nach den Gesetzen der Produktivität und Selbstoptimierung verhalten.
Das Thema „Sinnlosigkeit“ ist dann wohl das, was bei MM als „Lebenszweck“ behandelt wird. Und es ist in der Tat viel „Placebo“ bei Magick Male mit dabei, auch wenn das natürlich als Erklärung nicht tief genug greift.
Dabei sei sie nicht die einzige, die unter „spirituellem Burn-out“ gelitten habe, also dem Druck, „von einem Kurs zum nächsten“ eilen zu müssen. Erst spät habe sie es geschafft, dem „Brainwashing“ einer Industrie zu entkommen, die ihre Mitglieder mit „manipulativen sozial- und massenpsychologischen Techniken“ zusammenhalte.
Genau das hat Orlando (bürgerlicher Name: Roland H. Bellstedt) früher so oft angesprochen. Bis sich die „Community“ dann selbstständig gemacht hat. Oder war diese „Sekte“ und giftige Dynamik doch das, was Orlando eigentlich wirklich im Schilde geführt hat?
Fragen über Fragen. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allem zusammen.
Ravens Buch liest sich zu großen Teilen wie das einer Sektenaussteigerin, eines Ex-Junkies. Es ist gespickt mit Warnungen, Insider-Berichten, grauenerregenden Zahlen und aufschlussreichen Erklärungen. Die Autorin zitiert Psychotherapeuten, deren Klienten unter den psychischen Auswirkungen von Coaching-Seminaren leiden, sei es, weil sie sich dafür finanziell verschuldet haben oder weil ihnen darin geraten wurde, den Kontakt zu Familien oder Freunden abzubrechen. „Eine Followerin schrieb mir mal, sie sei von einer Coachin so fertiggemacht worden, dass sie danach in eine psychiatrische Klinik musste, weil sie nicht mehr leben wollte“, berichtet Raven und bestätigt, sie selbst sei durch solch einen Kurs „retraumatisiert“ worden. Danach habe sie „mehr Probleme als vorher“ gehabt.
Oh, aber das waren doch sicher nur „Arschtritte„, richtig?
Raven erklärt den Erfolg der Coaching-Industrie mit ihrer Resistenz gegenüber Kritik. Negative Erfahrungsberichte würden sofort gelöscht, im Zweifel werde mit einem Anwalt gedroht. Nachdem eine Kundin ein Seminar kritisiert hatte, veröffentlichte deren Anbieterin sogar private Informationen der Kundin, die ihr diese zuvor im scheinbar geschützten Rahmen des Kurses mitgeteilt hatte. Solche grenzverletzenden Maßnahmen hielten andere Teilnehmer davon ab, den Erfolg der Kurse öffentlich infrage zu stellen.
Korrekt. Bei Magick Male sollte ja bekanntlich sogar gegen diesen Blog gebetet werden.
Und als ich mal wirklich in der Gruppe vor Teilnehmern „die Hosen heruntergelassen habe“ – unter anderem Traumata mit Frauen und Autoritäten, und, wie ich beim Kontakt mit einem jungen Mädel einmal fast wahnsinnig geworden bin, kamen dann auch nette „Andeutungen“ einiger, sehr fleißiger Magick Males.
War nicht das MM-Team, aber immerhin.
„Wenn du keine guten Ergebnisse hast, liegt das nicht an der Methode, sondern daran, dass du in dir eine Blockade hast.“ Es ist wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern: Niemand traut sich, zuzugeben, als einziger nicht erleuchtet worden zu sein, weil das einen persönlichen Mangel zutage treten lassen könnte.
Dass es hier ein gewaltiges Tabu bei MM gibt, und massive Angriffe der Gruppe geben kann, wenn jemand doch einmal offen auftritt, ist eine absolute Tatsache. Egal, was dann Gestalten wie Romano Heinrich in der Gruppe erzählen.
„Niemand muss sich hier verstecken?“ Träum weiter.
„Ich wurde regelrecht niedergemacht“, schildert Raven ihre Erfahrung mit dem offenen Ansprechen von Zweifeln innerhalb der „Community“. So gleiche man sein Verhalten und seine Wahrnehmung automatisch an die geforderten und von den anderen Teilnehmern gespiegelten Eindrücke an. „Seitdem ich die Meditationen von Dr. Joe mache, hat sich mein Leben radikal transformiert“, kommentierte Raven einst. Heute gesteht sie, dass das eine Lüge war. „Eine Lüge, die ich mir selbst erzählt habe, um mich besser zu fühlen, um die Kontrolle über mein Leben zu haben und schlussendlich auch, um dazuzugehören – denn alle in meinem Umfeld erlebten irgendwelche Wunder, nur ich nicht.“
Wer mithilfe der Kurse keine schnellen Erfolge erzielt, wird, so berichtet eine andere Betroffene, „ausgelacht und als Opfer betitelt. Man wurde dann unter Druck gesetzt, noch mehr der Kurse des Coaches zu kaufen, weil das dann ja endlich ‚die Grenzen sprengen‘ und die ‚Energy shiften‘ sollte.“ Bei wem das erhoffte Ergebnis ausbleibe, der wolle es schlicht nicht genug, habe noch nicht genug meditiert, manifestiert oder investiert.
Tatsache! Nicht genau das, was sich bei MM wiederfindet, aber doch nahe dran.
Am Kurs selbst könne es demnach nicht liegen. An gesellschaftlichen Strukturen (Arbeitslosigkeit, unzureichende ärztliche Versorgung, Unvereinbarkeit von Familie und Karriere etc.), die so viele Individuen in die Fänge zwielichtiger Gurus trieben, ohnehin nicht. Die Schuld wird dem Einzelnen zugewiesen, der mit eigenen Mitteln aus seiner Krise herausfinden müsse.
„Ich bin nicht in der Opferrolle! Ich bin nicht in der Opferrolle! Nein, niiiiiiiemals!!“
Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren bei MM extrem verstärkt, und ist mittlerweile wohl das Aushängeschild dieser „Firma“ und ihrer „Community“. Auch, wenn es dann im Feel Different auch anders dargestellt wird.
Mit einer Sitzung, einem Seminar, einer Ausbildung ist es dabei natürlich meistens nicht getan – vielmehr scheint es sich wie mit Schönheits-Operationen zu verhalten: Gecoacht, gestrafft, optimiert zu werden, macht süchtig. „Spiritualität ist zur Droge geworden. Eine Droge, die abhängig gemacht hat nach positiver Energie, hoch schwingen, gut fühlen und alles Negative wegschieben“, sagt Raven.
Exakt! Hier möchte ich ganz unverschämt auf einen anderen Artikel von mir verweisen:
Doch meistens, räumt Raven ein, stecke dahinter keine böse Absicht der Coaches. Vielmehr seien diese oft selbst längst süchtig und nutzten die allgemeine Anfälligkeit für Seelsorgeangebote als „eine Art Selbsttherapie oder ein lukratives Geschäftsmodell“. Trotz aller Ausgewogenheit – Raven warnt vor falschen Versprechen, will den Sinn gezielter Coachings jedoch nicht pauschal bestreiten – fällt sie ein deutliches Urteil: „Es ist nicht okay, dass es 0,4 Prozent auf Kosten der anderen 99,6 Prozent besser geht. Das ist ein unfaires Zwei-Klassen-System und hat überhaupt nichts mit Empowerment zu tun, sondern ist Abzocke.“
Das trifft bei MM zu knapp 50% zu, wie ich finde. Es ist dennoch ein interessanter Denkansatz.
Und hier geht es zum Originalbeitrag auf WELT.de (Vorsicht, Paywall!): https://www.welt.de/kultur/plus243991237/Selbsthilfe-Workshops-Ich-wurde-regelrecht-niedergemacht.html?