Hinweis: Dies ist der Start einer neuen Serie, in der es um meine Erfahrungen unter sogenannten „Männern“ geht. Ob es bei einem Artikel bleibt, oder ob da noch mehr kommt, wird sich zeigen. Vielleicht wird es also eine sehr kurze Serie, vielleicht auch nicht.
Dieser Artikel wird relativ oberflächlich bleiben, auch, weil er so besser in den Kontext dieses Blogs passt. Mal sehen, was noch so daraus wird. Ich habe definitiv sehr viel freie Zeit und würde das hier gerne in Richtung meiner „Biografie“ ausweiten, ob das hier jedoch der richtige Ort dafür ist, sei mal dahingestellt.
Vorwort
Nach dem schweren Schlaganfall meines Vaters (ich wurde wenige Tage später 16) bin ich in der schwersten, „echten“ Depression versunken, die ich jemals wieder erlebt habe. Meine alte Taktik, mich in meine kleine Welt zurückzuziehen, hat hier absolut Schaden angerichtet; fairerweise weiß ich aber auch heute nicht, was ich sonst hätte tun sollen. Vermutlich CBT anwenden, um das schlimmste zu verhindern, keine Ahnung.
Meine Mutter hat praktisch aufgehört, mit mir zu reden, und war komplett im Schock. Verständlich, denn die Achterbahnfahrt, die uns bevorstand und wahrscheinlich so ziemlich jede Hoffnung und Illusion über die Welt, in der wir lebten (im metaphorischen wie im konkreteren Sinne), massiv infrage stellte, dauert bis heute an.
Von übellaunigen und sadistischen Krankenschwestern, über den Kulturschock von der gepflegten Intensivstation in der Uniklinik in Frankfurt am Main, zur Höllen-Reha-Klinik in Hagen, es war wirklich alles dabei. Gleichzeitig habe ich aber auch andere, interessante Erfahrungen gemacht, und zwar im Bereich „Geld verdienen“.
Aber der Reihe nach.
Der Ausgangspunkt: Der Bruch von Schulkind, hin zur „Welt der Erwachsenen“
In dieser Zeit ist meine komplette Welt in sich zusammengebrochen. Seelisch habe ich schon damals vor allem in Büchern und Träumen gelebt, die mir jedoch noch einiges an Befriedigung gegeben haben. Wahrscheinlich war ich der klassische Nerd, auf meine Art und Weise.
Soll ich nun über meine Schulzeit berichten, und, was dort zwischenmenschlich so alles gelaufen ist? Lieber erstmal nicht. Denn es soll ja in diesem Artikel um meine Erfahrungen mit „Männern“ und Erwachsenen gehen, um Menschen, die ja vermeintlich ach so viel reifer sind als Schulkinder, die vor sich hin pubertieren und ja noch so viel zu lernen haben.
Sprich, um die „Säulen unserer Gesellschaft“. Die solide Mitte.
Schule überlebt mit Antidepressiva: Ohne etwas zu können ins Abitur
Nachdem ich in einem unsäglichen Loch war, geplagt von krampfhaften Zwangsgedanken, die sich meist um irgendeinen romantischen Anime drehten – der Teufel weiß, was sich mein Hirn da zusammengesponnen hat – gab es mit dem fantastischen Betäubungsmittel Seroquel den ersten Lichtblick. Ich konnte wieder etwas aufatmen, die Abstürze waren nicht mehr so quälend, und so habe ich mein Abitur – ohne, dass ich dafür jemals wirklich etwas gelernt habe – relativ problemlos überstanden. Ich sage problemlos, obwohl es mir immer noch wie eine Quälerei vorkam.
Ich habe bis heute Albträume davon, genauer gesagt, einen Albtraum, der alle paar Jahre mal wiederkommt: Ich bin in der 11ten Klasse, habe irgendwie alles bis dahin aufgeschoben, und weiß, dass ich in Mathe niemals den ganzen Stoff nachholen kann, und komplett geliefert bin.
Dann wache ich auf, und brauche erst einmal einige Minuten, um mich daran zu erinnern: Ach, ich habe den Wisch ja schon. Und das seit über 13 Jahren.
Ich habe weder die Bücher in Deutsch gelesen, noch jemals irgendetwas für Englisch oder Französisch gelernt. Irgendwie waren die Noten in Englisch immer bei 2+ bis 2-, und im ersten Halbjahr der 11. Klasse habe ich gefühlt ganze Unterrichtsstunden alleine geschmissen, weil niemand Bock hatte, sich zu melden. Ob das jetzt richtige oder falsche Antworten waren, weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall habe ich in den Klausuren immer frei heruntergeschrieben, was mir so eingefallen ist, und fertig war es.
Eine mehrstündige Klausur in Englisch, so glaube ich, habe ich damals in weniger als 2 Stunden heruntergeschrieben, ich konnte es einfach nicht mehr aushalten – mir war sterbensschlecht. Später sollte mir ein Mitschüler erzählen, „alle hätten gedacht, dass ich sie verarschen möchte“. Es wurde eine 2-, eigentlich einfach so.
Tjoah. Und da ich mich plötzlich auch nicht mehr für Literatur begeistern konnte, habe ich statt auch nur einen Blick in die Schullektüre zu werfen, einfach die Zusammenfassungen für 9,99 Euro beim Cornelsen-Verlag gekauft und halb angeschaut. Andere haben sich für die billigen „Literaturschlüssel“ entschieden, und kamen damit auch durch. Für eine stabile 3 hat es eigentlich immer gereicht.
Wie ich diese Noten erreicht habe? Keine Ahnung. Speziell unsere Englisch-Lehrerin galt als sehr streng, und mein Französisch-Lehrer war davon geschockt, als ich einmal eine Klausur verhauen habe. Wie das passiert ist? Keine Ahnung, denn ich weiß auch nicht, wieso die Klausuren vorher gut benotet wurden. Klausuren sind eben wie Pralinenschachteln: Man weiß nie, was man kriegt.
Die Abiturprüfung: Zweimal dasselbe wie immer, einmal Mathe überlebt, einmal in Geschichte mündlich etwas zusammengestammelt
Es gibt einen Teil meiner Abiturphase, den ich hier ausklammern möchte, weil er mir zu „heiß“ ist. Auf jeden Fall habe ich Mathe überlebt, indem ich bei einer Klausur der als psychisch krank geltende Kollegin „Hilf mir“ zugeraunt habe, die mich etwas ungläubig anlächelte und mich dann abschreiben ließ, und die Endklausur damit, dass ich ein oder zwei Übungen auswendig mit Rechenschlüssel zuhause gelernt hatte und einfach nur herunterspulen musste. Hat für eine glatte 5 gereicht (2 Punkte), das Abitur war gerettet.
Für Geschichte hatten wir vier mögliche Themenfelder, von denen ich zwei mit einer Schulfreundin zusammengefasst habe. Natürlich wurde ich genau zu einem der beiden Themen abgefragt, das ich nicht gebüffelt hatte, und habe eine glatte 3 in der Prüfung bekommen. Meine Schulfreundin Sandra erwähnte lachend, sie hätte sich die drei Extrastunden Lernzeit auch noch genommen und so eine glatte 1 geschaft. Tja, dumm gelaufen.
Und so hatte ich mein Abitur. Ohne, mich dafür irgendwie angestrengt zu haben. Das heißt, eigentlich habe ich mich schon angestrengt (vor allem mit mir-Sorgen-machen), aber nicht einmal im Ansatz so sehr wie für die Jahre von der 5ten bis zur 10 Klasse. Lästige Fächer abwählen können und eher für freie Äußerungen und Ideen bewertet zu werden, ist schon eine sehr praktische Sache.
Fazit: Außer Spesen nichts gewesen
Sicher habe ich in meiner Schulzeit auch irgendetwas gelernt, was mein Hirn hoffentlich richtig in meine ADHS-Gedankengänge mit eingebaut hat. Wenn ich aber den dort angerichteten Schaden dazu in Relation setze, dann war mein Abitur der reinste Pyrrhussieg: Ein Stückchen Papier, dass mir attestiert, dass ich Englisch und Französisch kann (Französisch ist meine Muttersprache, nur im geschriebenen hapert es, und Englisch habe ich durch Filme über Verschwörungstheorien gucken praktisch so nebenbei gelernt), und, dass ich mangelhafte Kenntnisse in Mathe habe und in Geschichte ein bisschen was zurechtstammeln kann, hat es mir nur einen Haufen Stress und Ärger gebracht.
Denselben Effekt hätte ich auch dadurch haben können, dreimal die Woche für wenige Stunden Heimunterricht zu bekommen, und den Rest des Tages auf dem Spielplatz oder in unserem Lieblingsferienort in Frankreich zuzubringen.
Aber wenigstens zum Geld verdienen muss es doch gut sein, oder? Nun ja, dazu komme ich im zweiten Teil dieses Artikels.
Raus aus der Opferrolle Patrick!
Wer ist denn da? Orlando mit dem TOR-Browser? Oder irgendein Scherzkeks?
Den Artikel zu schreiben hat mir gut getan. Da wäre ich deutlich mehr in der Opferrolle, hätte ich ihn nicht geschrieben.
Aber danke für die freundlichen Worte.