
In den ersten beiden Teilen habe ich schon einige Punkte aufgeführt, die Orlando (bürgerlicher Name: Roland H. Bellstedt) wirklich besonders machen. Zum Teil sind das Dinge, die wahrscheinlich so mancher (deutscher?) Teilnehmer etwas merkwürdig findet, aber die doch ihre Wurzeln in Fakten und Tatsachen haben.
Hier geht es gleich weiter mit ein paar konkreteren Dingen, die ich bisher so nur bei Orlando und Magick Male finden konnte. Im letzten Artikel war bei Punkt 6 Schluss, darum kommt jetzt:
7. Orlando räumt mit Mythen auf.
Die „Selfhelp“-Szene ist wirklich mit einer gigantischen Reihe von komischen Leuten und deren Zeugs gesegnet. Ob es selbsternannte NLP-Experten sind, der dreißigsten Kopie von irgendwelchen Affirmationssystemen und Ideen, die schon vor 30 Jahren Käse waren, oder Methoden, die zwar eigentlich einen wahren Kern haben, aber so verballhornt wurden, dass sie eigentlich gar nicht mehr verwendbar sind.
Und hier räumt Orlando mit einer doch sehr erfrischenden und berechtigten Wut auf. „New Age“-Konzepte wie „mein Geist ist Gott“, und „ich bin der Meister meiner Realität“ bekommen von ihm die Korrektur, die sie verdienen. So erklärt er im Produkt „Mann-Bewusst-Sein“ zum Beispiel:
„Ähm, nein. Dein Geist ist nicht Gott. Mein Geist ist nicht Gott. Und was den Spruch „ich bin der Meister meiner Realität“ angeht: Und während es natürlich insofern etwas dran ist, dass du – in teilweise sehr engen Grenzen – und mit viel harter Arbeit, die die meisten jedoch niemals bereit wären zu tun, viel in deinem Leben verändern kannst, so ist dieser Satz eigentlich absolute, abgehobene Hybris und Narzissmus.
*seufz*
Aber wenn das wirklich alles so einfach ist, warum betonen das dann viele dieser Leute immer so sehr? Im Grunde sehr simpel. Durch diese Ideen wird für diese Leute alles möglich, und zwar ohne dafür jemals auch nur einen Handschlag tun zu müssen.
In einem sarkastischen Tonfall:
„Du willst 3 Meter groß sein? Sei einfach drei Meter groß!“
„Du willst einen Schwanz von 30 Zentimetern haben? Du hast das Recht darauf, den zu haben!“
Und Kraft deiner Gedanken wirst du auch hier und jetzt einen Schwanz von 30 Zentimeter bekommen. Und wenn eine Frau dann sagt, dass er nur 20 Zentimeter lang ist, dann ist das ein Hassverbrechen und du kannst sie verklagen.“
Quelle: Mann-Bewusst-Sein, Bonusmodule. Nach Gedächtnisprotokoll.
Ähm, ja. Es ist sehr schmerzhaft und frustrierend, zu sehen, wie weit diese Konzepte von der Realität entfernt sind, aber der Mann hat sehr recht. Und es ist auch keineswegs komplett übertrieben dargestellt, so ähnlich ticken viele Menschen, die sich mit „Persönlichkeitsentwicklung“ beschäftigen und in gewisse Kreise und Denkschemata geraten, wirklich.
Vielleicht nicht ganz so extrem, wie er es hier sagt, aber doch recht nahe dran.
8. Seine Produkte sind zum Teil sehr originell und bringen frischen Wind in die Szene
Als Beispiel seien hier natürlich als allererstes einige der Module im „Mich Zurück Gewinnen“-Seminar genannt, in denen er das Konzept der Intuition sehr „fühlbar“ und verständlich rüberbringt. Und seine – wie so oft sehr hypnotisch vorgetragene – Geschichte mit dem „emotionalen Navisystem“ und natürlich seine Erlebnisse beim Klettern und aus dem Bachbett in Sedona bringen unglaublich genial rüber, wie sich eine enge, verzweifelte Situation so anfühlt.
Allein dafür hätte er – zumindest an den „Beiträgen“ anderer „Lifecoaches“ und „Gurus“ gemessen – schon einen Orden verdient.
Ich möchte hier aber noch ein weiteres Beispiel mit anbringen: das sogenannte Hoʻoponopono, ein Ritual zur Auflösung von Konflikten und schädlichen Beziehungen. Wer ein wenig googelt, der findet dutzende Erwähnungen, zusammen mit einer merkwürdigen „Urban Legend“, nach der irgendein Arzt einer Irrenanstalt auf Hawaii dutzende Patienten nur dadurch geheilt habe, dass er ein Bild dieser Menschen auf seinen Schreibtisch gelegt habe und „ich verzeihe dir“ gemurmelt hätte. Oder irgend so etwas.
Offensichtlicher Unfug. Das Ritual an sich hat aber doch einiges zu bieten. Und darum hat Orlando im Mann-Bewusst-Sein Programm als Bonusmodul auch eine funktionierende Version mit eingebaut – inklusive einer ausführlichen Trance als Livemitschnitt aus einem Workshop.
Extrem intensiv und effektiv. Natürlich auch dementsprechend schwierig und schmerzhaft zu machen, wie immer beim Thema „emotionale Arbeit“, aber zumindest einen Teil eines Themas habe ich damit auflösen können.
Und immer noch um Längen besser als der ganze andere Schmodder, der zum Thema online zu finden ist.
Oder das Thema „Affirmationen“, das so schön im Feel Different Programm behandelt wird. Deutlich vernünftiger als alles, was ich sonst dazu gesehen habe.
9. Er benutzt seine Methoden selbst, und hat vieles selbst durchlebt
Okay, das ist nur eingeschränkt richtig. Auf diesem Blog werden ja regelmäßig Dinge angezweifelt, die Orlando so von sich behauptet, und mittlerweile halten er und sein Team sich offensichtlich für eine Mischung aus spirituell abgehobenen Halbgöttern und elitären Hau-Drauf Tyrannen. Wie sie diese erstaunliche Mixtur aus so ziemlich allem, was dabei so toxisches mitschwingt, hinbekommen haben, weiß ich nicht. Es ist auf jeden Fall beachtlich, wie viele Widersprüche ein einzelner Mensch so in sich vereinen kann.
Ansonsten aber – oder sollte ich lieber sagen, noch vor einigen Jahren – ist das, was Orlando erzählt hat, entweder absolut authentisch, oder er ist ein extrem guter Schauspieler. Vielleicht hat er sich auch mit der Zeit selbst davon überzeugt, dass seine Storys so stimmen, wie er es gerne hätte, aber kann ich natürlich nicht belegen.
Die Tiefe, die Orlando bei fast allem, was er macht, mitbringt, ist sofort zu merken, wenn er in einem Workshop spricht, oder eine Trance leitet. Es kommt an, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie jemand ohne eigene Erfahrungen so über all diese tiefen, emotionalen Dinge sprechen könnte. Beachtlich, erstaunlich, und in dieser Form aus meiner Sicht wohl auch ziemlich einzigartig.