November 7, 2024

Wer den Prozess der Heilung tiefer Themen durchläuft, der kann sich auf Grenzerfahrungen gefasst machen. Einige Seiteneffekte habe ich in meinem Artikel zum Thema „Opferrolle“ angeschnitten, in Kurzform möchte ich hier noch etwas deutlicher werden.

Dabei werde ich in der abstrakten „Kopfsprache“ bleiben, und nicht direkt „aus dem Bauch heraus“ schreiben: Das habe ich im Blog schon mehrfach ausprobiert, und es endet meistens als „Mett“ für irgendwelche Trolle.

Auch vorweg: Dies ist meine persönliche Erfahrung, gemischt mit Zitaten von netten Twitter / X-Accounts, und vielleicht auch was mir noch so alles in meinem Leben an Text unter die Flinte gekommen ist.

Was ist ein Core Belief / ein Trauma?

Hier gibt es wohl so einige Definitionen, und da ich Psychologie nicht studiert habe, kenne ich sie nicht so wirklich. Ich möchte sie hier daher als „extrem starke, prägende emotionale Ladungen“ definieren – unter Umständen so stark, dass sie den kompletten Charakter definieren können.

Oft sind dies „Sollbruchstellen“, die einen Schwenk im Lebensweg darstellen können – unter Umständen so stark, dass sie – frei nach dem Konzept „überschreiben / überstimmen“ können, was gerade im Kopf passiert, und was noch so an Emotionen da sind.

Sollbruchstellen – oder auch: Den Pfad auf tiefer Ebene ändern

Der eben beschriebene Effekt der „Sollbruchstelle“ hat eine andere, sehr weitgehende Auswirkung. Wenn ein Trauma etwa mit drei Jahren, oder einem ähnlich frühen Alter aufgetreten ist, und du an diesem Punkt unter Umständen einen vollkommen anderen Lebensweg gegangen bist, als du es ohne Thema getan hättest – sagen wir einmal, das Vertrauen zu deinen Mitmenschen verloren hast, und deswegen sehr viel alleine durchgemacht hast, anstatt mit anderen Menschen oder der Gruppe – oder umgekehrt, dich viel mehr an anderen als an dir selbst orientiert hast – dann ändert eine Arbeit an dieser Wunde unter Umständen auch deine gesamte Lebensausrichtung.

Vereinfacht gesagt: Alle daraufhin erfolgten Entscheidungen verlieren ihre Gültigkeit. Das Trauma hat vielmehr eine erschreckend lange Kette an „Folgefehlern“ ausgelöst, die es nun, neben der Erkenntnis und dem Auflösung des Themas – ebenfalls abzuändern gilt.

Lösungsansätze, die du lange und ausgiebig verfolgt hast – sagen wir einmal, dich einer Straßengang anzuschließen und professioneller Drogendealer zu werden, oder lange und intensiv Pickup und Verführungskunst zu erlernen, um an „Frauen heranzukommen“ – fallen damit praktisch weg, und stehen damit auch nicht mehr zur Verfügung, um das Trauma erträglicher zu machen, zu kompensieren, oder „den Schmerz zu dämpfen“.

Wie mit einer solchen Flut umgehen?

All das löst unter Umständen eine extreme „Themenflut“ aus, die bewältigt werden möchte. Zu allererst einmal stehen hier natürlich alterbrachte Konzepte wie „Opferrolle“ im Weg, bzw. schneidet dieses Konzept viele, mögliche Auswege, Methoden – oder auch nur ganz simple, wirklich etwas zu „fühlen“ – direkt im Kern aus.

Bitte nicht falsch verstehen: Das Grundkonzept ist durchaus valide, und wichtig. Allerdings nur auf einer sehr grundlegenden, tiefen Ebene: Also dem der „kleinen Saat, die irgendwann einmal aufgeht und sich langsam ausbreitet“. Es ist praktisch eine Änderung, die irgendwo ganz tief in der Wurzel des Bewusstseins verankert wird – und sich dort auf ganz verschiedene, zum Teil vom „logischen Verstand“ oder den meisten Ebenen des „Bewusstseins“ nur sehr schwierig fassbarer / begreifbarer Ebene manifestiert, und dann vielleicht später in verschiedene Wege „abzweigt“.

Dies ist absolute Grundlage für das, was ich im weiteren Verlauf dieses Artikels an weiteren Konzepten weiter ausbreiten werde.

Das Thema angehen: Verschiedene Wege, doch ein tiefer Ansatzpunkt ist zwingend erforderlich

Letzteres ist zumindest meine Interpretation, und mein Verständnis der ganzen Geschichte.

Zuallererst ist festzustellen: Ein tiefes Trauma bringt es wahrscheinlich sehr häufig mit sich, dass es nur sehr schwierig nach „Schema F“ bearbeitet werden kann. Diverse „mentale“ Lösungsansätze für Probleme arbeiten beispielsweise ungefähr nach folgender Methode: 1. Benenne das Problem, 2. Welche Strategie hat nicht funktioniert?, 3. Suche nach einer besseren Strategie, 4. Setze die neue Strategie um.

Ja, ne. Ist klar.

Zur Illustration hier ein kunstvoll erfundenes und überzeichnetes Beispiel: Wenn deine Mutter dich beispielsweise mit 14 beim Knutschen mit deinem Freund erwischt hast, daraufhin Zetter und Mordio gerufen, den Familienrat zusammengerufen oder eine andere Kette von massiven Eingriffen ausgelöst hat, an dessen Folge du in einem katholischen Internat zwangseingeschult und dann vom Rektor erstmal ordentlich eine Schelle bekommen zu haben und danach aus Rebellion heraus Prostituierte geworden zu sein, und dann etc. etc…. Ja, was ist dann die „erwachsene Reaktion“?

Nicht mit deinem Freund knutschen, in weiser Voraussicht, dass so etwas passieren könnte? Deiner Mutter lautstark entgegenbrüllen, dass sie sich aus deinen Liebesangelegenheiten gefälligst herauszuhalten hat? Als Kompensation zur Aktivistin werden und „freie Liebe propagieren“?

Wirst du dein Urtrauma wieder los? Ich weiß es nicht, aber es ist alles immer noch irgendwie „Opferrolle“, und durch das Thema / Trauma informiert. Und das Urthema bleibt möglicherweise dabei immer aktiv.

Gangbare Möglichkeiten zur Bearbeitung

Wie also mit so einem Thema umgehen – vor allem, wenn daran noch dutzende Themen, Unterthemen, Untertraumata dranhängen?

Ein Magick Maler würde jetzt vielleicht sagen: Mach Kugelübungen, verfalle dabei auf keinen Fall in die „Opferrolle“, und verhalte dich wie ein Mann. An dieser Stelle wünsche ich viel Spaß dabei, im Zustand der völligen Verwirrung oder sogar Lähmung noch das ganze Gefuchtel mit Fokussierung aufs Gefühl, „Absaugen“ des Gefühls mit Vereisung und Verbrennung mit positivem Gegengefühl durchzuhalten.

Da kann es schon am simplen „Fühlen“ des Gefühls im Körper scheitern, ohne dabei in die Ohnmacht zu fallen.

Zugang besteht aber möglicherweise zu folgenden Optionen:

  • Weinen. Ein sehr simples, primäres „Ablassventil“ der Seele, das Druck herauslassen, Ohnmachtsgefühle bewältigen (auch, wenn danach oft erst so richtig Ohnmacht, Müdigkeit etc. fühlbar wird), und „Selbstempathie“ aufbauen kann. Diese Option ist aus meiner Erfahrung heraus fast nur aus der sogenannten „Opferrolle“ heraus abrufbar, und löst viele Nebeneffekte aus, die möglicherweise (scheinbar oder tatsächlich) noch mehr „Opferrolle“ auslösen.

Der „Eisenhans“ beschreibt dies meiner Deutung nach als „Weg der Asche“, in der Darstellung des Buches ein notfalls jahrelanger Prozess des Jammerns und „Lamentierens“ – also als massives Verweilen in der „Opferrolle“.

Nur, dass es eben keine Opferrolle ist, sondern im größeren Kontext ein Heilungsprozess – ironischerweise langfristig ein Verlassen der „Opferrolle“.

  • Konsequentes „Fühlen“ des Themas. Das kann umso mehr Jammern und ein Gefühl der Hilflosigkeit auslösen, jedenfalls dann, wenn aus diesem State heraus gefühlskongruent heraus gehandelt und kommuniziert wird. Womit ich nichts anderes sagen will als „zeigen, was eben gerade so da ist.“ In so einem Zustand Zuversicht und reife Männlichkeit auszustrahlen halte ich für ein Ding der Unmöglichkeit, und für inkongruent / unauthentisch.
  • Das Problem nach außen projizieren, entweder als Anklage oder auch als arrogantes Auftreten von der Sorte „hihi, ich bin nicht mehr in der Opferrolle, und bin voll der Alpha, und du oder ihr seit alles voll die Opfas“. Das ist die bevorzugte Taktik der meisten „Supermacker“, und ironischerweise ausgerechnet bei vielen MMlern zu sehen.

Hier bevorzuge ich, wenn überhaupt, eine Variante, die eher vom Typ „ich bin verletzt, und ihr seit dafür verantwortlich“ ist. Diese Variante verhindert zumindest die sehr gefährliche Selbstanklage, auch, wenn die dann gerne von außen kommt, und sehr unangenehme und gefährliche soziale Effekte haben kann.

Ähnliche Effekte treten jedoch auch bei den anderen Varianten auf. Ein Superalpha redet sich möglicherweise immer weiter in eine Art Psychopathie hinein, in der er das Problem schon längst gelöst hat – und verstärkt es damit sogar noch. Ein „arroganter Spötter“ tut etwas ähnliches.

Beides hat zur Folge, dich von Selbstempathie und Trauerunterstützung abzuschneiden.

Das halte ich für – extrem – gefährlich, denn Selbstempathie ist mitunter eine der stärksten, aufbauensten (Aufbau-)Waffen im Arsenal gegen Traumata. Wie möchtest du denn sonst den „verwundeten“ Teil deiner selbst heilen – indem du dir und anderen immer wieder brutal einhämmerst, einfach „kein Opfer mehr zu sein“?

Was ist daraus denn die logische Folge? Wenn ich Grippe habe, dann werde ich die auch nicht dadurch los, dass ich mir Immunsuppressiva reinknalle, mein Fieber krampfhaft auf Normaltemperatur herunterkühle und meinen Körper anschreie, gefälligst „kein Opfer mehr zu sein“. Das Resultat wird eher eine Machtübernahme des Virus und damit mein baldiger Tod sein.

Zumindest aber werde ich so kaum das Thema an sich loswerden.

  • Das Thema ignorieren (soweit das eben geht) und aus dem Bauchgefühl heraus das tun, was du ohne das Thema tun würdest (soweit das schon zur Verfügung steht). Das hat als Nebenwirkung den Effekt, immer wieder an deine Grenzen zu stoßen, was dann wieder eine der weiter oben aufgeführte Reaktion bzw. Behandlung erfordert oder auslöst.

Der Vorteil hier: Dieser Weg „trainiert“ praktisch die „korrekte“ oder „erlöste“ Reaktion und Zustand, auch wenn das Thema mit all seinen Unterthemen damit natürlich noch nicht aufgelöst ist. Das hilft der Stabilisierung und ist praktisch eine Form der „natürlichen Neuverdrahtung“ des Hirns. Dieser Ansatz hat den unangenehmen Effekt, dann immer mehr Dreck aufzuwirbeln und hochzuholen: Es „verstärkt“ oder „pusht“ Themen quasi, und steht gleichzeitig möglicherweise auch dem eigentlichen „Fühlen“ im Weg.

  • Der Vollständigkeit halber: Fühlen, und in eine „Kugelübung“ gehen. Ich habe das immer als eine Verstärkung des „Schwebeeffekts (gerne mit Dissoziation) erlebt, der mich eher in eine andere Form des „Schwebens“ versetzt. Vielleicht funktioniert es für andere, mich macht es eher wahnsinnig – vor allem, weil es mich aus meiner „Bodenhaftung“ herausreißt.

Achtung, Flashback: Ein „Hineingehen“ in die Emotion (für „Energie in Motion“ bzw. „Entblockieren“ m.M.n. zwingend notwendig) löst aus…

Na, was schon? Einen Flashback natürlich (steht doch da…). Heile ich einen Teil meiner selbst nach dem Prinzip „zeig mir, was los ist, und ich gehe es mit dir zusammen an“, dann lasse ich ihn Iogischerweise „durch mich hindurchfließen“, und fühle es optimalerweise so, wie sich dieser verletzte Teil von mir eben fühlt.

Damit dieser Teil es zulässt, muss er sich ebenfalls logischerweise bei mir sicher fühlen. „Rausreißen der Emotion“ (siehe Kugelübung!) geht manchmal auch, verunsichert und traumatisiert den verletzten Teil aber unter Umständen noch mehr – mit dem Resultat „einmal und nie wieder… als Strafe koppel ich dich von meinen Emotionen ab und gehe noch härter in den Krieg mit dir“.

Und daran angeschlossen, ganz wichtig: Ein Thema, Trauma oder verletzter Teil von dir kümmert sich einen Dreck um deine Werte, um deine „reife Männlichkeit“, um deine coole Rolle als „Held und Beschützer“ oder „coole Alphamacker oder Retter des Abendlandes“.

Sondern er will wissen: Kann ich mich dir anvertrauen? Liebst du mich? Und wirst du mich verletzen, oder mir wehtun?

Wie ich das jemals so richtig erreichen soll, weiß ich nicht: Zu stark ist der Schmerz noch, zu überwältigend all die Gefühle.

Aber eines steht fest. Ich werde den Teufel tun, ihn auf Dauer im Stich zu lassen.

Ich werde ihn erlösen, soweit das notwendig und möglich ist, oder ihm den Vortritt lassen und die „erwachsenen Teile“ soweit herauslösen, wie es notwendig ist, damit der verletzte Teil leben und gedeihen kann. Damit er selbst sich heilen und zu dem erwachsen kann, der er eigentlich ist.

Anbei übrigens noch ein Buchausschnitt darüber, wie man es aus meiner Sicht heraus eben nicht machen sollte. Viel zu losgelöst und negativ dem Jungen gegenüber, und viel zu wenig Heilung und Verschmelzung. Aber vielleicht irre ich mich ja auch.

1 thought on “Traumata / „Core Beliefs“ auflösen: Flashback in Kinderzeiten (oder welche Zeit auch immer…)

  1. Bei MM ist die Devise ganz klar: mach 100 Kugeln und oder kauf das Produkt für 2k dann wirds besser (hoffentlicht)

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