Dezember 2, 2024
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Hinweis: Dieser Artikel wird relativ lang und auf den ersten Blick „verworren“ erscheinen, aber ich habe einen Punkt hinter diesen scheinbar unzusammenhängenden Gedanken. Wenn du Lust und Interesse an solchen Themen hast, dann freue ich mich sehr, wenn du einen Blick darauf wirfst. Ansonsten dient er wenigstens mir als Gedankenstütze.

Es sind in den letzten Jahren viele Änderungen bei Magick Male eingetreten, die sich zwar schon vorher abgezeichnet haben, dann aber leider immer stärker wurden. Die ursprüngliche MM-Methode hat ihre Mängel, aber hat mir auch einige Male geholfen, Themen aufzulösen.

Was mich damals in Orlandos Bann gebracht hat, war eine Einleitung aus dem „Mich Zurück“ Seminar (später umbenannt in „Mich Zurück Gewinnen“). Es ist eine der typischen Orlando-Einleitungen, die von außen wie eine merkwürdige Mischung aus Entrücktheit, Mystik und Storytelling erscheint (jedenfalls geht es mir so, wenn ich die Sache aus meinem „kritischen Blick“ heraus betrachte), mir aber auf einer unglaublich tiefen Ebene Dinge klar gemacht und ausgelöst hat.

Diese Technik und Lebensweise hat ihre Nachteile. Es ist auch so, dass der bei MM so oft kritisierte und als schädlich wahrgenommene „Wachverstand“, bzw. das „Ego“ oder alle möglichen Schutzmechanismen, durchaus nicht ohne Grund bei mir immer wieder von Orlandos doch leicht mitschwingenden Aggression und Frustration getriggert wird. Es ist dieses „zwischen den Zeilen lesen“, das gerade durch die MM-Methode massiv geschult wird, und wahrscheinlich ist es auch genau das, was das weibliche Geschlecht immer wieder einsetzt und zu so manchen Verwirrungen führt („wieso reagiert sie so komisch, ich habe ihr doch so viel geboten“, etc.).

Ich möchte behaupten, dass gerade dadurch gewisse Teile eines Menschen immer wieder ausgelöst werden, die die eigentliche „MM-Methode“ überhaupt erst möglich machen. Tiefste Intuition, das Werkzeug, was im Endeffekt sogar große Teile von MM um ein vielfaches überholt. Oder, wie jetzt Orlando dazu früher gesagt hätte: „Ich vertraue meinem Überbewusstsein / meiner Intuition vollkommen“.

So. Genug der weit ausholenden Einleitung, ich komme zum eigentlichen Kern meines Artikels.

Anscheinend „merkwürdige“ Erfahrungen: Was Orlando dazu berichtet.

Die „Kugelübung“ habe ich immer als ein eher künstliches Werkzeug wahrgenommen, und in der Praxis ist sie für mich bei weitem nicht praxistauglich, wenn mir ein Thema hochkommt. Daher habe ich lange Zeit Themen auf meine eigene Art und Weise aufgelöst, hier erkenne ich klare Parallelen zu Orlando: Er spricht manchmal vom Abgleiten in seine eigene, kleine Traumwelt (O-Ton: „das ist nicht gut!“), und von seltsam anmutenden Erfahrungen.

Ein Beispiel: Als er sich mit seinen Vaterthemen beschäftigt hat, kam auf einmal eine merkwürdige SMS auf seinem Handy an. Sie enthielt eine Abkürzung, die für seinen Vater steht. Und genau in dem Moment wusste er, dass sein Vater ihm verziehen hat. Oder war es anders? Auf jeden Fall kämpfte er auf der Bühne mit den Tränen, als er darüber sprach: Im Mann-Bewusst-Sein dürfte sich eine entsprechende Stelle noch finden lassen, und zwar in einem Q&A Teil mit dem Publikum.

Solche Erfahrungen habe ich auch gemacht. Ich halte sie für ein Zeichen für angestochene, sehr tiefe Traumata, und ich habe damals Wege finden müssen, um damit zu arbeiten.

Dubiose Geisteszustände, Dissoziation, oder „paranoide Schizophrenie“?

Eine von Orlandos Konstrukten sind die sogenannten „Spirit-Guides“, eine Art Stimme, die manchmal zu ihm spricht. „Mittlerweile weiß ich auch nicht, ob das wirklich so ist, wie ich es damals beschrieben habe“, sagte er in einem etwas neuerem Podcast dazu. Sei es, wie es ist: Ich halte es hier für sehr wichtig

„Ein Psychiater würde das jetzt paranoid-schizophren nennen, aber es gibt andere Sichtweisen darauf“, war jedenfalls im „Mich Zurück Gewinnen“ Seminar Orlandos Kommentar dazu. Für mich ist es einer dieser merkwürdigen Zwischenzustände, die immer dann entstehen, wenn ich einen Weg einschlage, der mit meinen bisherigen Erfahrungen und / oder Themen anscheinend nicht vereinbar ist. Es ist ein Zustand der Abspaltung, ein Psychiater würde es wohl als „Dissoziation“ beschreiben.

„Return To Innocence“ oder Selbstheilung: Es braucht zum Teil massive Selbstliebe

Ist etwas aus dem Ruder geraten und es sind deutliche Einschnitte notwendig, um etwas zu heilen und das Leben wieder in gesündere Bahnen zu leiten, ist das erschreckend. Noch unangenehmer und potentiell gefährlicher ist es, dies selbst tun zu müssen, noch dazu aus einer beschissenen (seelischen?) Situation heraus.

Es ist auf diesem Blog viel darüber geschrieben worden, dass eine Art „Mobbingkultur“ da draußen herrscht. Andere würden es vielleicht Härte nennen, andere Männlichkeit, oder sonst irgendetwas. Da wurden „sympathische“ Kommentare vom Typ „jetzt hör mal auf mit deinem Gejammer über deine Wewehchen“ gepostet.

Auch, wenn ich damit wahrscheinlich (zumindest augenscheinlich) ziemlich alleine dastehe: Mich erinnert das immer eher an Severus Snape oder Dolores Umbridge (zwei Bösewichtige aus der „Harry Potter“) als an irgendetwas positives. Ich für meinen Teil habe erlebt, dass echte Selbstheilung sehr oft bedeutet, genau diese Dinge zu behandeln und anzugehen. Diese Teile als „den kleinen Tyrann im Inneren“ oder gar als „inneren Kritiker“ zu bezeichnen, war dagegen nie wirklich zielführend für mich.

Es ist zwar notwendig, um im Äußeren „Dinge geregelt“ zu kriegen, sind aber eher Taktiken aus einem Armeehandbuch, um sich selbst bei akutem Trauma bis zur nächsten Basis zu schleppen, um dann bühnenreif zusammenklappen zu können. Auf Dauer angewandt, erzeugen sie genau das, was so oft als „toxische Männlichkeit“ (oder meinetwegen auch „toxische Weiblichkeit“) bezeichnet wird: Es ist eine Überidentifikation mit dem Trauma, aber nicht das, was am Ende in so einem Prozess herauskommen sollte. Ganz zu schweigen davon, dass es nicht wirklich gesund ist, auf Dauer so herumzulaufen.

Die Kunst, an Themen „anzudocken“

So. Jetzt komme ich zum eigentlichen Thema. Ich für meinen Teil finde das Modell des „inneren Kindes“ immer ganz treffend: Also genau das, was soviele Magick Males so sehr ablehnen und verachten. Dort sind für mich die meisten Traumata und Themen geankert, dort gilt es, anzusetzen.

Das Problem an der Geschichte ist es natürlich, dass dieser verwundete Teil sich nicht gerne anfassen lässt. Wieso auch? Es ist ja nicht so, als ob der „erwachsene“ Teil sich noch sehr dafür interessiert. Solltest du aber den Weg der Heilung gehen wollen, wird es notwendig sein, diesen Teil zu heilen. Und das heißt ganz konkret: Ihn zu schützen, anzuleiten, zu „channeln“, das Vertrauen dieses Persönlichkeitsanteils zu gewinnen.

Je intensiver dieser Teil aktiv ist, im Guten wie im Schlechten, desto gefährlicher kann das werden. Haben sich die äußeren Bedingungen so massiv geändert (oder waren vielleicht nie so, wie du es damals geglaubt hast), tritt natürlich eine massive Dissonanz ein. Das ist in ungefähr so, als würdest du von heute auf morgen von Deutschland nach China reisen, oder vielleicht eher von der Erde auf die Venus.

Wie kriege ich jetzt diesen Teil dazu, mir zu vertrauen? Oder wie kann ich seine Themen auflösen?

Dem Drachen entgegenkommen, Themen auflösen: Notfalls auch in akuter Dissoziation möglich

Erinnerst du dich noch an den Abschnitt weiter oben im Text, wo Orlando von seinen „Spirit Guides“ sprach? Das ist nur eine, mögliche Form, Themen aufzulösen, und ist nur eines von vielen möglichen Modellen. Nur mit einem Modell zu arbeiten, oder dir von außen ein Modell vorgeben zu lassen, kann auch ausgesprochen schiefgehen: Für mich muss ein solches Modell aus mir selbst heraus entstehen, um zu funktionieren.

Oder es ist auch nur ein Modell, das „ganz kurz“ aufploppt, und nur für einige, wenige Sekunden nutzbar sein kann. Und eben das bezeichne ich als „Bridging“: Eine kurzzeitige Taktik, die es ermöglicht, Themen aufzulösen und anzugehen. Ich möchte hier anmerken, dass die Betonung auf „kurzfristig“ liegt: Alkohol kann zum Beispiel dabei helfen, sich zu spüren, oder soweit zu enthemmen, dass ich mich z.B. auf ein trauriges Lied einstimmen kann, es ist aber sicherlich eine verdammt schlechte Sache, ständig besoffen zu sein.

Im weitesten Sinne könnte ich meine Erfahrungen hier auch als „Traumreise selbst gemacht“ bezeichnen. Einige dieser Dinge waren mir selbst relativ gruselig, daher möchte ich hier nur ein Beispiel nennen, zu dem der ein oder andere vielleicht aus Literatur oder Gedichten Zugang hat.

Hinweis: Unten in den Fußnoten findest du zwei Referenzen aus Büchern, die mir dazu akut eingefallen sind.

Konkretes Beispiel: Das innere Kind im Zoo treffen

Dieses „Traumbild“ kam mir irgendwie intuitiv so von 2015 – 2017 in den Sinn. Dabei sitze ich mit meinem „wahren Selbst“, „inneren Kind“ oder weiß der Kuckuck was auf einer Bank in der Nähe des Elefantengeheges im Zoo, und lasse mich von ihm trösten. Der genaue Wortlaut dieses Gespräches fällt mir nicht mehr ein, ich weiß nur, dass sich hier die Rollen von Kind und Erwachsenen regelmäßig wechselten. Und dabei sind dann regelmäßig Tränen geflossen, die zumindest einen kleinen Teil meiner Themen auflösen konnten.

Solche Konzepte entstehen oft aus der akkuten Situation oder Lage heraus, und welche es genau sind, kann ich natürlich für niemanden beantworten. Wichtig ist es dabei zu beachten, dass es sich hierbei auch nur um Konzepte, oder Traumbilder handelt. Sie sind nicht „die Wahrheit“, sondern oft nur gewisse Bezugspunkte im Rahmen der individuellen (also deiner oder meiner) Psyche, an die in anknüpfen konnte, um sozusagen einen gewissen „Anker“ zu haben.

Es ist allerdings weder ratsam, zu lange in einem solchen Zustand zu bleiben (vor allem, wenn es sehr intensive und „wilde“ Gefühl auslöst), noch, sich damit allzu sehr zu identifizieren. Jedenfalls nicht, wenn du „weiterkommen“ oder etwas neues entstehen lassen möchtest: Es kann – ganz im Gegenteil – schnell zu beinahe psychotischen Zuständen führen. Was wiederum lustig ist, weil sie ja selbst irgendwie dazu eingesetzt werden, eine psychotische Situation zu überwinden, und oft ja gerade im psychotischen Zustand selbst gebildet werden. Lustigerweise, um genau das aufzulösen… ähm, ja, hier beginnt es sich im Kreis zu drehen, also lass uns damit schnell wieder aufhören 😉

Zwischenstation statt Lösung: Nur ein Bezugspunkt für die Arbeit?

Solche Bezugspunkte oder „Kurzzeit-Taktiken“ können für eine lange Zeit sozusagen als „Fallback-Taktik“ im Kopf behalten werden. Ob ich in der entsprechenden Situation zur kurzfristigen Stabilisierung oder zum Themenauflösen reingehen möchte, oder es zulassen möchtest, ist auch wieder so eine Sache für sich: Du kannst es nur im akuten Moment für dich selbst entscheiden.

Einen solchen Fallback einfach so aufzugeben, ist auch nicht unbedingt eine kluge Sache. Ohne Bezugspunkte ist es oft sehr schwierig, Zustände dieser Art zu navigieren, bzw. in solchen Zuständen Themen aufzulösen. Und ich würde dringend raten, dich immer wieder zu erden, so gut es nur geht: Sonst kann so ein „Flugzustand“ auch gerne mal im sogenannten „Klebenbleiben“ enden, wie es Psychonauten im Bezug auf LSD bezeichnen. Wovon ich wiederum dringend abraten möchte, wenn es ums Auflösen von Themen geht.

So. Das war mein Wort zum Sonntag, und ich hoffe, dass der ein oder andere etwas damit anfangen kann. Wenn nicht, dann schreib es mir gerne auch.


Fußnoten / Literatur:

  1. Artemis Fowl und die verlorene Kolonie: Hier erinnere ich mich an eine Szene mit einem Profikiller, der sich an einen Mindfuck erinnert, den sein Bruder ihm als kleines Kind eingepflanzt hat, damit er in Ruhe mit seinen Kumpels abhängen konnte.
  2. Löcher. Die Geheimnisse von Green Lake: Insbesondere die Szene, in der Kate Barlow nach Green Lake zurückkehrt, und von ihrem ermordeten Lover träumt. Der Rest des Buches hat auch ein paar ganz interessante Stellen.
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