Ein Strand, irgendwo auf Zypern. Ich lebe zum Zeitpunkt dieses Erlebnisses über ein Jahr dort, und mir fällt eine junge Dame auf, die in der Nähe meines Lieblingsplatzes herumsitzt. „Na komm, trau dich mal“, denke ich mir und spreche sie an. Klein, etwas schüchtern dreinblickend, und, wie sich herausstellt, spricht sie Deutsch.
Es stellt sich heraus, dass sie auf ihren Freund wartet, Tirolerin ist, und laut eigener Aussage „schon viel durchgemacht“ hat. In der „Partyszene“ war sie angeblich unterwegs, und reist viel durch die Gegend. Außerdem arbeitet sie bei irgendeiner Chat- oder SMS-Line. Wie sich später herausstellt, geht es dabei irgendwie darum, Männer auf Instagram zu verarschen oder irgendso etwas.
Trotzdem ist das Gespräch interessant, sie ist nicht unangenehm, und eher emotional gestrickt. Kurz: Der Art Mensch, mit dem ich gerne ein Gespräch führe und mal aus meiner Schale rauskomme. Wir laufen Richtung „mein Lieblingsplatz“, es geht um den ganzen seelischen Kram, und wir sind oft einer Meinung. Einmal unarmt sie mich und sagt, „ihr würden die Tränen kommen“. Reizend, haben sich etwa zwei Seelen getroffen?
Nö. Denn wenig später erzählt sie mir, sie habe Borderline (nicht schon wieder!!), und traut sich nicht ins Wasser zu springen (= das wird keinen Spaß machen).
Ironie an der Sache: Wäre ich ein wenig drangeblieben, hätte sie wahrscheinlich mit mir gepennt, wenn ich unser späteres Gespräch richtig erfasse. Wahrscheinlich ist es besser, dass das nicht passiert ist, denn die gesamte Situation hat mir irgendwie nicht gepasst; und das, sehr wahrscheinlich, zurecht.
Yay, ich spiele Psychospiele mit meinem Freund
Wenig später stößt dann der Freund dazu, ein kleiner und irgendwie abgewrackt wirkender Typ, augenscheinlich aber freundlich. Ich ziehe ihn mal kurz ab und unterhalte mich ein wenig mit ihm, aber irgendwie stimmt da etwas nicht. Also zurück Richtung Strand. Dort versucht er, bei einer Gruppe von deutschen Auswanderern, die gerade irgendso ein Strandspiel spielen, mit dazuzustoßen, wendet sich dann aber schnell wieder ab, und mit seinem Schatzli abzuhängen. Weiter gehts in Richtung Supermarkt, ich muss aber noch kurz Richtung WC.
Kaum bin ich wieder raus, läuft sie neben mir her, und erzählt mir juchzend darüber, dass ihr Freund ja immer „so schnell eifersüchtig“ wird. Der findet uns mit einem ausgesprochen wütenden Blick später wieder, die Spielchen seiner Dame ist er offensichtlich schon gewohnt. Eine kurze Szene später (er versucht, von einem Typen Graß zu kaufen, und ich bekomme ein wenig davon mit, wie die gute Dame offensichtlich ihr Geld verdient – eine Mischung aus „Papa gibt mir Geld“ und „ich ziehe Leute im Internet ab“.
Auf dem Weg Richtung Supermarkt quatsche ich dann mal über Dinge, die mich interessieren. Prompt fängt die werte Dame an, „1-2-3 Blau“ zu rufen, und prahlt damit, dass sie so jeden verwirren kann. Reizend, reizend, und besser wird die Stimmung auch nicht mehr, denn auf einmal ist der abgefuckte Freund gleich wieder etwas weniger abgefuckt, und die beiden beginnen wieder, symbiotisch zusammenzuarbeiten.
Nachspiel: Das Duo ist wieder ein Paar, und dann nicht mehr
Ich sehe die beiden einige Wochen später wieder, in der Nähe meiner Wohnung. Fröhlich laufen sie nebeneinander her, mit einem komisch berechnenden Aggro-Blick. Wahrscheinlich spielen sie ihre Spielchen weiter und sind mal wieder im „Leute verarschen“-Modus. In was ich mich hätte hineinziehen lassen, wäre ich mit der Schnecke ins Bett gehüpft, will ich mir nicht wirklich denken: Wahrscheinlich hätte sich mir irgendeine abgefuckte Idiotenwelt eröffnet, in der nie wirklich klar ist, wer hier Opfer und wer Täter ist.
Ach ja: Und über ein Jahr später bekam ich dann noch eine WhatsApp, die gute Dame war auf Wohnungssuche und wollte meine Hilfe, hatte sich aber jetzt von ihrem Freund getrennt. Ein Gespräch zu suchen war nicht möglich, denn die gute Dame antwortete nur ein mit einem fröhlichen „das weiß ich nicht, davon habe ich keine Ahnung“, als ich irgendein Thema ansprach.
Es gibt wenig dazu zu sagen. Nur, dass es wirklich nicht zu raten ist, mit solchen Leuten auf eine intimere Ebene zu gehen: Das Ergebnis sind offensichtlich nur Spielchen und Sorgen.