Hinweis: Es ist mal wieder etwas sprunghaft geworden. Wie immer, wenn ich versuche, einen Artikel über ein Thema zu schreiben, lande ich sehr schnell woanders. Trotzdem glaube ich, hier einige, interessante Anstöße und Analysen mit eingebaut zu haben.
Ich kenne den Effekt, irgendwie mit den eigenen Unsicherheiten im „Prozess“ umgehen zu müssen, nur zu gut. Es ist eben nicht so leicht, „einfach nur die Kugelübung zu machen“, denn das, was sich unter der Schicht an alten Mustern an gesundem, neuen Selbst aufbaut, ist notgedrungen deutlich labiler als das, was ich jahrelang so getrieben habe. Für mich bedeutet das, nach jedem auch nur minimalem Angriff auf meine Themen erstmal mindestens 20 Monate komplett in Deckung zu gehen, um mich neu zu sortieren.
Vergleiche das mal mit einem Gang ins Kino, am besten in irgendeinen fetzigen Horrorfilm. Schaue ich ihn mir nur oberflächlich an und lache mir dabei einen ab (hohe Kunst, beherrsche ich nicht), ist er vielleicht Stoff für ein paar schlechte Gags, und er landet in der Kiste „ist ja mal echt interessant gewesen, aber eigentlich bescheuerter Müll“. Lasse ich mich aber so richtig auf ihn ein, hat er Nachwirkungen, rückwirkend bis in die Eiszeit.
Nun ist es bei Themen ein wenig anders. Sie erfordern, sie einerseits möglichst intensiv und deutlich zu fühlen, und dann gleichzeitig (!) mit dem klaren Willen reinzugehen, sie wieder loszulassen oder sogar zu ersetzen (einen Teil der Kugelübung, den ich nie beherrscht habe).
Was dahinter zum Vorschein kommt: Eigentlich nur eine gewisse innerliche Ruhe, jedenfalls, bis eine halbe Sekunde später der nächste Schwall mit mindestens dreißigfacher Intensität auf mich eingedonnert kommt. Ein Schwall, der nicht wirklich glücklich darüber ist, dass ich gerade versucht habe, ihn „wegzukugeln“. Ein bisschen so wie bei einem Hypnosekonzept, dessen Name mir leider gerade nicht einfällt: Hypnotisiere ich jemanden, kann ich die Hypnose verstärken, indem ich ihn kurz aus der Trance heraushole, um dann wieder einzusteigen: Die Trance ist diesmal noch einmal deutlich stärker als vorher.
Beschäftigung mit der Methode als Ablenkung davon, mit der Methode zu arbeiten
Was kann ich also tun, um mich von dieser Arbeit zurückzuziehen und gleichzeitig in Gedanken dabei zu bleiben? Simpel: Indem ich darüber Rede, und sie zu meinem Lebensmittelpunkt mache. Es ist aber nicht wirklich leicht, über solche Prozesse zu sprechen, oder Gefühle in Worte zu packen. Nicht umsonst werden insbesondere Frauen, die sich entsprechend äußern, traditionell als „hysterisch“, „geisteskrank“, „zickig“ oder „nicht ernstzunehmen“ bezeichnet, vor allem von Männern, aber spätestens seit das andere Geschlecht seine Bastardseite voll herauslässt, wohl auch untereinander.
Was also tun, wenn ein solcher Gegenwind nicht nur von innen, sondern auch von außen auf mich eingeblasen kommt? Es ist viel davon die Rede bei Magick Male gewesen, dass das Reden um die eigenen Erfahrungen, das ganze ADHS darum herum, und vor allem, seitenweise über diese Prozesse zu grübeln und sich in Gedanken darin zu verlieren (wie ich), eher Ablenkung als sonst etwas sind. Ich finde das zum Teil übertrieben, es ist aber ein gewaltiger Batzen Wahrheit daran.
Allerdings: Auch dieses „Problem“ ist längst von der Wirklichkeit überholt worden. Denn was passiert, wenn ich nie so richtig ernst genommen werde oder sich niemand so richtig für meine Positionen interessiert, geschweige denn, sich darauf einlässt?
Die nächste Eskalationsstufe ist längst erreicht
So richtig komme ich dann nie dazu, wirklich über meine Erfahrungen zu sprechen, sie zu verarbeiten, mich darauf einzulassen? Das erzeugt Verbitterung, Groll. Gute Energien für die „Kriegerseite“, die damit gerne den „heiligen Zorn“ entfacht. Aber ist diese Energie auch dazu geeignet, zu heilen? Langsam, aber bestimmt die eigene Struktur abzuändern, immer wieder in sich hineinzufühlen und Entscheidungen zu überdenken, durchzufühlen? Oder gar dazu, eine Struktur im Äußeren, die geändert oder sogar zerschlagen werden muss, sinnvoll anzugehen?
Ich glaube, dass dutzende „freie Kameradschaften“, Revolutionsführer und Rebellen mit Fug und Recht behaupten können: Nein. Jedenfalls nicht auf Dauer. Sie ist dazu geeignet, einen Säbelzahntiger in die Flucht zu schlagen (vorausgesetzt, dass der nicht noch mehr Testosteron hat und noch blutrünstiger drauf ist als ich), spätestens dann, wenn ich es mit denkenden, zur Abstraktion fähigen Menschen zu tun habe, läuft es erst recht schief. Oder, wie es in Harry Potter so schön heißt:
»Aber um Himmels willen – Sie sind Zauberer! Sie können zaubern! Sie können doch sicher – na ja – alles in den Griff kriegen!«
Quelle: Harry Potter und der Halbblutprinz, erstes Kapitel
Scrimgeour drehte sich langsam um und wechselte einen ungläubigen Blick mit Fudge, der diesmal tatsächlich ein Lächeln hinbekam und freundlich sagte: »Das Problem ist, dass auch die andere
Seite zaubern kann, Premierminister.«
Ja, die „andere Seite“ hat Macht. Abermillionen „Social Justice Warriors“ haben sich längst radikalisiert, Transsexuelle haben sich (vielleicht zurecht, vielleicht zu Unrecht) in den Wahn hineingesteigert, sie wären eine verfolgte Gruppe, und inzwischen bekriegen sich auch „Linke“ untereinander mit aller Brutalität. Die selbstgefällige und halb-etablierte Lesbengemeinde muss sich als TERFS verunglimpfen lassen, während Transsexuelle gerade die „LGB“-Community kapern.
Von gescheiteren Revolutionen…
Nun ist die Trans-Gemeinde offensichtlich weit überlegen, also ungefähr das, was die „Magick Male Krieger“ wohl auch gerne wäre. Bis sie dann von der nächsten Welle, vom nächsten Trend wieder überrollt werden.
Es gibt zahllose andere Beispiele, in denen Menschen ihrer Überzeugung gefolgt sind, sie mit Kriegerenergie gefüllt, und danach gehandelt haben. Doch wo sind sie jetzt, was ist aus ihrer glühenden Überzeugung und all ihren Anstrengungen geworden?
Es sind keineswegs die „freien Kameradschaften“ oder die NPD, die gerade den Traum einer intakten, gesunden und integren Gesellschaft ein gutes Stück weiter bringen, oder linke Hippies, die beim Kiffen von Liebe und Weltfriedenträumen träumen, die den Sozialstaat und ein gutes Miteinander manifestieren: Es sind bürgerliche wie die AfD, es sind linke Politikerinnen wie Sahra Wagenknecht, es sind Intellektuelle. Währenddessen sitzen die coolen Rebellen seit Jahren herum, besaufen sich, hauen manchmal ihren Gegnern aufs Maul und berufen sich auf unreflektierte, zum Teil auch sehr weit herheholten Konzepte.
Ein Robert Steinhäuser oder Sebastian B. („ResistantX“) hatten zweifellos Kriegerenergie, als sie in ihren Schulen Amokläufe starteten. Vor allem ResistantX zeichnete sich durch durchaus spirituelle und sehr emotionale Videos und Schriftstücke aus, die ich zum Teil sehr bewegend und mitreißend fand. Sie alle kämpfen – zum Teil sehr berechtigt – in weitesten Sinne „gegen das System“.
Der kleine Haken an der Sache: Sie sind tot. Die Leute, die sie erschossen haben, sind es auch. Und es hat sich auch kein Kult um sie gebildet, der heute noch sichtbar Einfluss hat oder etwas zum guten bewirkt hat. Einige, wenige Redakteure haben seinerzeit den Faden aufgegriffen, einige Psychologen vor der Gefahr gewarnt, und darauf gepocht, dass die Täter in ihren Anliegen ernst genommen werden müssen, und ein Weckruf durch das System gehen muss.
Das ist längst vorbei. Das letzte Attentat liegt inzwischen Jahre zurück, das System hat sich längst angepasst und stellt „Abweichler“ kalt, und die neue Generation „Attentäter“, also die kleinen Messerstecher, sind längst komplett unpolitisch (und wenn, dann nur auf billigstem Niveau), komplett unspirituell (und wenn, dann nur auf der Ebene irgendwelcher abstrakten Themen wie „Klimawandel“, „sozialer Gerechtigkeit“, „alles Nazis“) oder gleich kleine Schlägertypen („Du deutsche Kartoffel, wir übernehmen hier“).
Irgendwie wünsche ich mir fast die alten Neonazis mit den Springerstiefeln zurück. Die hatten wenigstens, wenn ich mir einige Lieder von Landser („Hass und Vergeltung“, „Verkauft und verraten“) anhöre, gelegentlich noch irgendeine echte Basis für ihre Ideologie. Seien es bittere Erfahrungen, als Deutscher nur noch als Nachfahre von Mördern zu gelten, oder Diktaturerfahrungen in der DDR.
Immer noch besser als das stumpfe „Boss-Prinzip“ eines Kollegah. Oder Farid Bangs dämliches „isch ficke disch, du Opfa!“
… und siegreichen Fanatikern
Und was ist mit den „Revolutionen“, die Erfolg hatten? Die Taliban, und andere, radikal allah-idiotische Länder (Verzeihung, ich meinte natürlich „fundamental-islamistische“ Nationen) haben in den letzten Jahren erstaunliche Schritte in Richtung Gottesstaat gemacht. Sogar Humor haben sie inzwischen, und das „Trollen“ haben sie auch gelernt: Wenige Tage nach ihrem Einmarsch in Kabul haben sie sich mit einer Tüte Eiscreme auf rosa Schwanenbooten auf Twitter gezeigt, womit sie sich über Joe Biden lustig gemacht haben.
Abgesehen davon, werden dort inzwischen Musikinstrumente verbrannt, da Musik „die Jugend auf Abwege bringt“, Hände werden wahrscheinlich auch wieder munter abgehackt. Nun gut, wenigstens gehen sie auch gegen den Trend vor, dass kleine Jungs als Diener in Familien gesteckt und dort zum Arschficken missbraucht werden, was zumindest augenscheinlich ein Fortschritt ist.
Aber medizinische Entdeckungen? Grandiose, neue Bauwerke? Die bringt allerhöchstens noch irgendein Scheich mit zu viel Geld hin. Ansonsten sind die großen, kulturellen Leistungen der Araber höchstens noch ein Relikt der Vergangenheit, das längst stumpfen, religiösen Denken den Vortritt gelassen hat. Tiefe Intention und Anschluss an das „höhere Selbst“, das so viele religiöse Traditionen anstreben, oder die spirituellen, halb-therapeutischen Tänze der Sufi, scheinen nicht mehr wirklich en vogue zu sein.
Nicht viel besser ist es in stumpf-militaristischen Kreisen.
Fazit: Fanatismus führt in den Untergang
Je radikaler eine Bewegung wird, desto mehr ist sie gewaltbereit. Das geschieht entweder internalisiert in einer Art Selbstvergewaltigung (siehe einen Alexander Schütze) durch Arbeitswut oder ein aggressives Beharren auf irgendwelchen Regeln, oder durch Externalisierung auf einen Gegner. Ist das nicht mehr so richtig greifbar, entwickelt sich entweder eine pathologische Version des inneren Kritikers („du bist doof, weil du es halt bist“), oder komplett abstruse Feindbilder („der Westen will den Islam verwässern“, „Felix hat mein Unternehmen zerstören wollen„).
Es ist der Untergang jeder Spiritualität, jedes Lebenszwecks, und mit der Zeit der Verrat an der eigenen Vision. Am Ende steht nur Zerstörung, oder stumpfe Macht. Und beides trennt irgendwann von der eigenen Fähigkeit, zu lieben, zu leben, etwas mit Leidenschaft zu tun, ab. Und genau darauf steuern wir gerade mit Karacho zu.
Abgesehen davon: In den allermeisten Fällen scheitert es am Ende sowieso krachend.