Es gibt Dinge, die lassen sich nicht durch ein paar Coachingmethoden, etwas Trance oder eine Kugelübung auflösen. Ärgerlicherweise lassen sie das auch nicht durch „in die Gänge kommen“, „etwas tun“, oder sonst etwas. Im Prinzip sind diese Dinge zwar schon in der Lage, daran etwas zu ändern, aber nur im Rahmen eines sehr großen Kontextes, nämlich des grundlegenden Auflösens tief sitzender Themen. Diese sind oft so komplex, dass es extrem schwierig fallen kann, diese zu erfassen, und somit loszuwerden. Bestes Beispiel ist hier der „große Meister“ Ronaldo Rawren selbst, aber dazu erst am Ende des Artikels etwas.
Das große Thema, von dem ich hier spreche, ist „Intimität“. Genauer gesagt bin ich mir nicht einmal sicher, ob es wirklich ein Thema an sich ist, oder eher das Resultat aus ganz vielen anderen Dingen.
Wirklich klar geworden ist es mir vor knapp 10 Jahren, als ich eine junge Dame namens Sabine kennenlernte. Sie wirkte sehr verletzlich, litt, wie ich später mitkam, unter Depressionen (bis zu „ich hasse mich“), war aber ansonsten oft ein sehr liebevoller und zärtlicher Mensch, mit einigen Kilo „zuviel“ auf den Rippen. Wir landeten im Bett. Genauer gesagt, lagen wir dann da, und ich habe intuitiv dichtgemacht – es ging einfach nicht.
So kamen wir uns Gespräch. Wir hörten uns „wirklich zu“ (jedenfalls versuchten wir das), tauschten uns aus (jedenfalls so gut, wie der eine den anderen verstehen konnte). Gleichzeitig war es mir unmöglich, Zärtlichkeit zuzulassen oder sonst irgendwie wirklich Imtimität zu fühlen. Sabine wiederum konnte es, und hat sich über die Jahre von so einigen Typen durchziehen lassen, auf der Suche nach einem Seelenpartner.
Joah. Es war für beide Seiten eine komische und auch traurige Erfahrung. Wir versuchten uns zu streicheln, sind dann aber immer wieder zusammengezuckt. „Es ist halt wieder vorbei“, kam einmal bei einer kleinsten Unterbrechnung von ihr, und ich wiederum dachte manchmal an Hardcoresex, wollte dann aber irgendwie doch nicht.
Sabine wiederum konnte auch harte Erfahrungen wegstecken, erzählte, wie ein Typ sie kürzlich „fast erwürgt“ hätte, und dass es dann „doch irgendwie okay“ für sie gewesen sei. Dafür reichten kleinere Erniedrigungen und Trigger von anderen aus, um sie für Tage und Wochen komplett unzuhauen und sie in tiefste Gedankenspiralen und Zeugs zu versetzen, bis sie irgendwann „abgedreht ist“ und die Stadt verlassen hat. Solche giftige, verletzliche Seiten hatte sie viele: Giftig wurde sie aber mir gegenüber eigentlich nur, wenn sie verletzt war.
Ein wahnsinnig lieber Mensch. Und es war unglaublich traurig, dass wir uns nicht richtig nahe kommen konnten.
Solche Themenkomplexe und Reaktionen lassen sich nicht einfach so „wegkugeln“. Einen optimalen Weg aus Ihnen heraus gibt es auch nicht. Ich muss auch sagen, dass Sabine in ihren „Opfermomenten“ immer an menschlichsten, authentischsten und natürlichsten war, und allgemein der wohl ehrlichste Mensch, der mir über lange Zeit begegnet ist.
Interessanterweise ist der Effekt des „Zusammenzuckens“ etwas, dass auf PTSD (im Deutschen: PTBS) hinweist: Posttraumatische Stressbelastung, ähnlich den Symptomen von Soldaten, nachdem sie aus dem Krieg zurückkommen.
Und noch etwas ist hier interessant. Orlando erwähnte in einem Audio einmal, er habe relativ heftiges… na, was?!
Richtig: PTSD.
Kein Wunder, dass er ständig am Herumbrüllen ist.
Denn die ach so heißgeliebte Kugelübung ist bei so etwas eben nur ein sehr dürftiges Werkzeug. Sie funktioniert bei solchen Symptomen schlicht und ergreifend nicht richtig, denn die „Trigger“ oder Verletzungen tauchen viel zu schnell und chaotisch auf, um sie erfassen und dann kugeln zu können, und sich oft einfach nur viel zu überwältigend. Da gibt es oft, wenn sich die Reaktion nicht gleich komplett ins Innere oder die Gedanken verlagert und zu einem komplexen Gefängnis wird, nur zwei Möglichkeiten: Auf die eine oder andere Art und Weise wegklappen, oder komplett austicken.
Jeder tiefere Kontakt, jede tiefere Intimität, erzeugt solche Reaktionen offensichtlich rasend schnell. Nicht ohne Grund habe ich bisher wenig von MMlern gehört oder gelesen, die im Forum oder Telegram tiefbewegt über Liebesbeziehungen, oder auch nur einen bewegenden Sonnenaufgang schreiben.
Sie haben schlicht und ergreifend keinen Zugang zu solchen Gefühlen, oder aber sie schreiben darüber lieber nicht. Und das in einer „Community“, in der es – zumindest früher angeblich beinahe nur um Gefühle ging, genauso wie die gesamte MM-Methode. Es ist offensichtlich, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt, vielleicht nie gestimmt hat. Wieso Verführung lernen oder „zum grundsoliden, verantwortlichen Mann“ werden, wenn dann niemand darüber spricht?
Ein Schelm, wer böses denkt.
Interessanterweise habe ich bei Sabine bei unserem Treffen irgendso eine rotzdämliche NLP-Routine aus der Pickup-Szene gefahren, bei der es auch darum geht, Gefühle im Inneren zu spüren und dann irgendetwas damit zu machen. Sabine ist dabei auf einmal in sich zusammengesackt und war ungefähr eine halbe Minute ohnmächtig.
Was mich wiederum sehr daran erinnert, wieviel ich den Tag über so schlafe, und wie schnell ich entweder komplett verwirrt, müde, oder verstört bin – scheinbar aus dem Nichts heraus. Oder mir irgendwelches Zeugs in den Kopf kommt, dass eigentlich komplett bescheuert zu sein scheint, aber doch irgendwie sehr viel Sinn ergibt. Das aber nur bei völliger Entspannung.
Ach ja: Hat mal jemand Orlando erlebt, wie er in einem Workshop sitzt und auf einmal sagt: „Hey, was ist denn jetzt gerade los“, oder er auf einmal in Gedanken versinkt und irgendetwas über den Satan erzählt?
Am deutlichsten wurde es dann, als Orlando im FAMP 2017 auf einmal lautstark verkündete, er hätte Angst vor Beziehungen und, so glaube ich erinnern zu können, auch Intimität (es könnte auch „abandonment issues“ gewesen sein). Und wie sehr er darunter leiden würde, wenn seine Frau ihn verließe. Die Parallelen sind eindeutig. All diese Dinge sind Zeichen für Traumata, und tiefste Verletzungen. Und weder der Meister selbst, noch seine Schüler, scheinen diese im Großen und Ganzen aufgelöst zu haben. Nicht einmal ansatzweise.
Oder gibt es etwa Ausnahmen? Hat hier jemand solche Themen – zumindest einigermaßen oder ein wenig – mit der Kugelübung oder MM-Methoden aufgelöst? Wenn ja, dann schreibt mir doch bitte eine Email an patrick@lichtundschatten.me. Es würde mich wirklich interessieren.
Hinweis: Antworten können dauern, weil sie mein Postfach nur noch alle paar Wochen abrufe. Ich bitte um ein wenig Geduld.